Geschichte Osteuropas und Südosteuropas
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Porträt der Abteilung

Lehrstuhl Prof. Dr. Martin Schulze Wessel

Nicht erst seit den Ereignissen der jüngsten Zeitgeschichte stellt die Erforschung der Geschichte Ostmittel- und Osteuropas ein zentrales Element für das Verständnis dieser hochkomplexen Region dar. Im Fokus der Lehre und Forschung am Lehrstuhl stehen dabei religionsgeschichtliche, imperiengeschichtliche und erinnerungspolitische Fragestellungen sowie transnationale Beziehungen und soziale Bewegungen. Diese Forschungsinteressen spiegeln sich auch in den zahlreichen am Lehrstuhl betreuten Qualifikationsarbeiten und eingeworbenen Drittmittelprojekten wider.

Lokal und zeitlich gesehen setzt der Lehrstuhl einen Schwerpunkt auf die neuere und neueste Geschichte Ostmittel- und Osteuropas (d.h. Ukraine, Russland, Sowjetunion, Polen, Tschechien, Slowakei). Zusätzlich kommt der Zeitgeschichte der Region eine bedeutende Rolle in Forschung und Lehre zu.

Lehrstuhl Prof. Dr. Andreas Renner

Russland als europäische Macht, als „verspätete" Industrienation, als Blüte der europäischen Kultur oder als Gegenspieler im Ost-West-Konflikt waren lange Zeit die Standardthemen der europäischen/westlichen Osteuropaforschung. Erst mit der Renaissance der Imperiumsforschung in den 1990er Jahren gerieten das Zarenreich und die Sowjetunion nicht nur wieder als Vielvölkerreiche in den Blick, sondern auch als größter und einflussreicher Staat in Asien. In dessen Geschichte hat es immer wieder ‚Wenden‘ nach Osten, in den asiatischen-pazifischen Raum gegeben - so auch seit 2014 mit der sino-russischen Annäherung nach Russlands Annexion der Krim.

Der in seiner Konzeption einzigartige Lehrstuhl „Russland-Asien-Studien“ untersucht sowohl die wie auch immer als asiatisch definierten Gebiete, Bewohner und Kulturen des Zarenreichs (beziehungsweise der UdSSR) als auch die Verflechtungen Russlands mit seinen asiatischen Nachbarn in Geschichte und Gegenwart. Geographisch geht es um die Landmasse zwischen Schwarzem Meer, Polarmeer und Nordpazifik, chronologisch um den Zeitraum seit der Eroberung Sibiriens im 17. Jahrhundert. Russland-Asien-Studien analysieren jedoch nicht nur grenzübergreifende Prozesse und Zusammenhänge, sondern überschreiten auch selbst disziplinäre Grenzen zwischen der Osteuropaforschung und benachbarten Fächern wie der Turkologie, Sinologie und Japanologie.

Professur Prof. Dr. Marie-Janine Calic

In Südosteuropa hat sich durch die Jahrtausende eine einzigartige sozialkulturelle Vielfalt herausgebildet. Egal, in welches Jahrhundert man blickt: die historische Gemengelage auf „dem Balkan“ ist komplex. Die Professur deckt die allgemeine Geschichte dieser Region in ihrer thematischen Breite und geschichtlichen Tiefendimension in Lehre und Forschung ab (inkl. der an der Professur angebundenen Drittmittelprojekte und Qualifikationsarbeiten). Werden und Wandel Südosteuropas werden insbesondere aus der Perspektive von transkulturellen Beziehungen und Globalgeschichte neu betrachtet.

Ein besonderer Fokus liegt derzeit auf der Geschichte des Kalten Krieges sowie der Geschichte Jugoslawiens und seiner Nachfolgestaaten (Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Mazedonien, Montenegro, Kosovo). Dies schließt u.a. Forschungen zu ethnischen Minderheiten und der nationalen Frage auf dem Balkan, zum Themenkomplex Konfliktprävention, Wiederaufbau und internationaler Friedenssicherung sowie zu Erinnerungs- und Vergangenheitspolitik ein. Auch die Rolle der EU auf dem Westbalkan muss im Lichte aktueller Entwicklungen immer wieder neu durchdacht werden.

Professur Prof. Dr. Máté Rigó

Das moderne Südost- und Ostmitteleuropa bilden seit langem den Schnittpunkt zahlreicher imperialer und nationenbildender Projekte und haben sich als Schlüsselorte für das Verständnis der europäischen Geschichte im Allgemeinen erwiesen. Dies schließt historische Prozesse wie modernen Nationalismus, die Vorgeschichte der beiden Weltkriege und den Kalten Krieg ein. Die Professur integriert daher die Erforschung dieser Regionen in die europäische und globale Geschichte im weiteren Sinne. Der Schwerpunkt liegt auf der Geschichte des Kapitalismus, sozialer Netzwerke und internationaler Organisationen als Motoren dieser Verbindungen.

Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sind wir in der Lage, die Ost-West-Teilung der europäischen Geschichte im Kalten Krieg zu überwinden und uns auf transnationale Verbindungen und Vergleiche zwischen regionalen und nationalen Geschichten zu konzentrieren, die normalerweise nicht miteinander verglichen wurden. Wie haben Frauen und Männer aktiv daran mitgewirkt, Verbindungen über starre Grenzen hinweg zu fördern? Wie hängen die Entwicklungslinien südosteuropäischer Gesellschaften mit der Geschichte des Mittelmeerraums zusammen? Der geografische Schwerpunkt liegt auf der Geschichte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und ihrer Nachfolgestaaten, insbesondere Rumänien und Ungarn, sowie auf der Verwicklung der Gesellschaften in Prozesse des totalen Krieges, der Nationalisierung, der Dekolonisierung und des Aufbaus des Staatssozialismus.

Professur für Geschichte Ostmitteleuropas und Russlands in der Vormoderne

Die 2016 eingerichtete Professur ergänzt das Profil der LMU im Bereich der Geschichte Ost- und Südosteuropas. Sie ist mit ihrem Fokus auf die Geschichte Ostmitteleuropas und Russlands in der Vormoderne in der deutschsprachigen Universitätslandschaft einzigartig. Die Professur stärkt nicht nur die Epoche der Vormoderne innerhalb der Osteuropäischen Geschichte, sie trägt überdies dazu bei, den geographischen Fokus der allgemeinen Frühneuzeitforschung zu erweitern, indem sie die Geschichte Ostmitteleuropas und Russlands in der Vormoderne in die transökonomische und transkulturelle Geschichte Europas einbettet.

In Forschung und Lehre werden Ansätze der Politik-, Sozial-, Religions-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte sowie der Wissens- und Wissenschaftsgeschichte verfolgt. Ein zentrales Anliegen ist es, umwelthistorische Perspektiven zu stärken, die bisher in Forschungen zur Geschichte Russlands und Ostmitteleuropas vor 1800 nur eine marginale Rolle spielen. Dabei trägt die Professur dem heterogenen und multiethnischen Charakter Ostmitteleuropas und Russlands Rechnung, indem sie der Geschichte von Minderheiten ein großes Gewicht in Lehre und Forschung einräumt.